Siebert erklärt drei knifflige Szenen – und übt auch Selbstkritik

Nicht nur für die Spieler beider Mannschaften wurde das Duell Meister gegen Vizemeister am Freitagabend äußerst intensiv. Auch Referee Daniel Siebert stand mehrfach im Blickpunkt – und bezog nach Abpfiff zu seinen Entscheidungen Stellung.

Referee lobt Leverkusens Andrich

„Nicht nur Xabi Alonso wird morgen kaputt sein, sondern auch der Schiedsrichter“, lächelte Siebert zu Beginn seines DAZN-Interviews nach Abpfiff. Leverkusens Trainer hatte vor der Partie gesagt, er sei nach Spielen gegen den VfB Stuttgart kaputt. Und auch Siebert ging es nach einem intensiven und temporeichen Spiel so, in dem er vor allem in drei Szenen in den Fokus gerückt war.

Die erste ereignete sich bereits in der 5. Minute, als Leverkusens Stürmer Victor Boniface den Ball auf Florian Wirtz durchstecken wollte, VfB-Verteidiger Anrie Chase den Passversuch aber mit dem Arm blockte. Da Wirtz wohl alleine auf Stuttgarts Keeper Nübel zugelaufen wäre, wäre im Falle eines Pfiffs auch eine Rote Karte für den Youngster im Raum gestanden. Sieberts Pfeife blieb allerdings stumm.

„Ein Handspiel liegt vor“, erklärte der 40 Jahre alte Referee, „für mich war es aber nicht strafbar, weil der Ball aus kurzer Entfernung angeschossen wird und er noch versucht, das Handspiel zu vermeiden.“ Chase‘ Arm war zwar zunächst ausgestreckt, aber „in dem Moment, in dem er sieht, dass der Ball auf ihn zukommt, versucht er, den Arm zurückzuziehen“. Dass er den Ball trotzdem aufgehalten habe, spiele dabei keine Rolle. „Es ist eher unglücklich, dass der Ball an den Arm kommt und für mich kein absichtliches Handspiel.“

Ähnlich verhielt es sich aus Sieberts Sicht kurz nach Wiederbeginn, als Jonathan Tah den Ball nach einer Leverkusener Ecke aus kürzester Distanz an den abgespreizten Arm von VfB-Verteidiger Josha Vagnoman köpfte. Siebert hatte sich in der Folge mit dem Video-Assistenen beraten und auf einen Elfmeterpfiff verzichtet. „Auch hier kann man nicht leugnen, dass der Ball an der Hand ist“, sagte Siebert. „Ich habe aber noch keinen Spieler in den Katakomben getroffen, der da Handelfmeter fordert.“

Besonders stellte er die Aussage von Nationalspieler Robert Andrich als „lobenswert“ heraus, der direkt zuvor in seinem DAZN-Interview bekräftigt hatte, dass Vagnomans Handspiel „kein Elfmeter“ sei. „Er wird von hinten angeköpft und kann die Hand nicht mehr wegnehmen, er hat keine Orientierung zum Ball“, argumentierte Siebert – und gestand dann doch einen Fehler in der Szene ein. Siebert hatte nach Vagnomans Aktion auf Abstoß entschieden, räumte aber ein: „Es hätte Ecke für Leverkusen geben müssen.“

Auch für die Unruhe in einer Szene nur wenige Minuten später nahm er sich selbst in die Verantwortung. Bei einem Leverkusener Angriff war Maximilian Mittelstädt im Laufduell mit Florian Wirtz abseits des Balls zu Boden gegangen. Siebert ließ zunächst laufen, VfB-Kapitän Atakan Karazor hielt den durchgebrochenen Boniface in der Folge als letzter Mann fest und vereitelte somit eine Leverkusener Torchance. Statt Rot für Karazor entschied Siebert mit Verspätung allerdings auf Freistoß für Stuttgart wegen Wirtz‘ Vergehen an Mittelstädt – und zog damit den Frust der Leverkusener auf sich.

„Wo soll Flo Wirtz hin?“, fragte etwa Leverkusens Taktgeber Granit Xhaka nach Abpfiff und sah „eine 50/50-Entscheidung, die gegen uns entschieden wurde“. Es sei „sehr bitter, weil es eine große Chance für uns gewesen wäre“. Der Schweizer hatte sich in der folgenden Spielertraube – ebenso wie Karazor – die Gelbe Karte von Siebert abgeholt, auch auf den Ersatzbänken war es hoch hergegangen.

„Selbstkritisch muss man auch sagen, dass ich ein bisschen Anteil daran habe“, sagte Siebert. „Da kam die Foulspielanzeige ein bisschen zu spät. Ich habe dann eigentlich selbst ein Foul von Karazor an Boniface gepfiffen. Da verstehe ich jeden Fußballer und die Bänke, wenn Unruhe reinkommt. Das war ein bisschen hausgemacht.“ Insgesamt zeigte sich der Referee aber froh, da er im Anschluss mit seinem Gespann „schnell die Spielkontrolle zurückerlangt“ habe. Und eine vierte heikle Szene musste Siebert dann auch nicht mehr bewerten.

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