Das rassige Duell gegen Slavia Prag (1:0) war nichts für Feinschmecker. Im Vordergrund standen die kämpferische Leistung und die Verteidigungsmentalität, die Frankfurt in dieser Saison an den Tag legt. Ein Sinnbild für diese Entwicklung ist Youngster Nnamdi Collins.
U-21-Nationalelf als Belohnung für den Frankfurter
Slavia Prag erwies sich als der erwartet unangenehme Gegner. „Das ist Mannschaft, die extrem aggressiv Mann gegen Mann spielt. Es ist sehr eklig, gegen sie zu spielen“, schildert Robin Koch seinen Eindruck. Als Innenverteidiger befand sich der 28-jährige Nationalspieler im Epizentrum der Schlacht. Trainer Dino Toppmöller spricht von einem „dicken Brett“, das „gebohrt“ werden musste: „Slavia Prag spielt absoluten Männerfußball.“
Ein Novum und eine starke Quote
Passend zum Spiel sorgte eine Standardsituation für die Entscheidung: Mit dem perfekten Schuss an die Unterkante der Latte, von der aus der Ball hinter die Linie prallte, sorgte Omar Marmoush für Verzücken. Bereits beim 7:2 gegen Bochum hatte der ägyptische Nationalspieler einen Freistoß direkt verwandelt. Seit der kicker diese Daten erfasst (2004/05), ist es das erste Mal, dass die SGE zwei direkte Freistoßtore in zwei Spielen hintereinander erzielte. Ein solcher war zuvor letztmals Daichi Kamada geglückt: Am 17. September 2022 traf der Japaner auf diese Weise beim 3:1-Erfolg in Stuttgart.
Gegen Slavia Prag entwickelte sich die Partie speziell nach der 1:0-Führung zunehmend zu einer Abwehrschlacht, da Frankfurt in Ballbesitz die Ruhe fehlte. Viele Bälle flogen aus dem Halbfeld in den Sechzehner der Hessen, richtig brenzlig wurde allerdings nur selten. Allen voran Linksverteidiger Arthur Theate stach heraus, gewann 93 Prozent seiner Zweikämpfe und blockte einen potenziell gefährlichen Schuss (17.) – die erste große Möglichkeit der Gäste.
„Wir haben eine Verteidigungsmentalität entwickelt“
„Es gab schon ein paar 50:50-Spiele, die wir in der vergangenen Saison vielleicht noch nicht gewonnen hätten“, rekapituliert Koch. Da verspielte die Mannschaft insbesondere durch dusselige individuelle Fehler einige Punkte. Sportvorstand Markus Krösche konstatiert: „Wir haben als Mannschaft einen Schritt gemacht, die Automatismen greifen immer besser. Jetzt haben wir auch noch eine Verteidigungsmentalität entwickelt. Das ist wichtig, weil wir nicht immer vier, fünf Tore schießen können.“
Die größere defensive Stabilität hängt nicht zuletzt auch mit den neuen Außenverteidigern zusammen. Theate und der aktuell am Oberschenkel verletzte Rechtsverteidiger Rasmus Kristensen erwiesen sich ohne Anlaufzeit als deutliche Verstärkungen. Doch inzwischen zeigt sich mehr und mehr, dass die SGE auch in der Breite besser besetzt ist. Bestes Beispiel: Nnamdi Collins. Der 20-jährige Verteidiger musste lange auf seine Chance warten – und war zur Stelle, als sie im Pokal gegen Gladbach (2:1) kam. Gegen Slavia Prag zeigte er zum dritten Mal in Folge eine starke Leistung. Collins führte 16 (!) Zweikämpfe und gewann davon 69 Prozent.
„Stabilität und Wucht“
Mit seinem immensen Tempo kurbelt er zudem immer wieder das Offensivspiel an. In der 26. Minute setzte er zu einem beeindruckenden Sprint hin und legte Marmoush eine Chance auf. Ebenfalls stark: In der Nachspielzeit gewann er vor dem eigenen Sechzehner den Ball und setzte Hugo Ekitiké mit einem Pass in die Tiefe perfekt in Szene – der Franzose scheiterte am hervorragenden Gäste-Keeper Antonin Kinsky. „Nnamdi ist schon eine kleine Maschine. Mit seiner Stabilität und Wucht, die er auch im Spiel nach vorne hat, gibt er uns unheimlich viel“, lobt Toppmöller. Gewissermaßen dient Collins als Sinnbild für die bessere Verteidigungsmentalität in dieser Saison.
Krösche spricht von einem „sehr großen Entwicklungsschritt“, weshalb man sich im Sommer gegen eine Ausleihe entschieden habe. „Wir wussten, welche Qualität Nnamdi hat. Mit seiner Robustheit und Geschwindigkeit war er immer sehr nach dran“, erklärt der Sportvorstand. Aufgrund seiner Flexibilität könne Collins auch als Innen- oder Halbverteidiger in einer Dreierkette eingesetzt werden.
Der Lohn für die jüngsten Leistungen folgte am Freitag mit der erstmaligen Nominierung für die U-21-Nationalmannschaft. In Linksverteidiger Nathaniel Brown und Flügelflitzer Ansgar Knauff sind zwei weitere Mitspieler mit dabei, wenn die Mannschaft von Trainer Antonio Di Salvo gegen Dänemark und in Frankreich testet.