Der FC Bayern hat auch sein drittes Pflichtspiel in dieser Saison gewonnen – mit einem ziemlich anderen Ansatz.
Über Bayerns kuriose Aufstellung
Das große Rätselraten braucht es meistens nicht auf der Pressetribüne der Allianz-Arena. Natürlich hat auch Julian Nagelsmann als Bayern-Trainer mal was ausprobiert mit seinen Aufstellungen, Thomas Tuchel ebenso, aber irgendwie war es dann doch meistens das gleiche, Bayern halt: Eine Viererkette, zwei Sechser, drei offensive Mittelfeldspieler und ein Stürmer. Also meistens.
Am Sonntag, beim Heimauftakt gegen den SC Freiburg, vergingen zehn Minuten, dann zwanzig, und spätestens bei Minute 30 stand plötzlich mal die Frage im Raum: Was genau passiert da eigentlich gerade?
Da war der Stürmer Harry Kane und der Torwart Manuel Neuer, und dazwischen war ein bisschen was von allem. Da war Joshua Kimmich, der beim Blick auf den Spielberichtsbogen als Rechtsverteidiger vermutet worden war und da schon auch oft auftauchte, aber doch eher die Doppelsechs mit Aleksandar Pavlovic bekleidete. Da war Raphael Guerreiro, der schon eher die linke Abwehrseite übernahm, aber auch auffällig oft ins Zentrum rückte.
„Ich finde es schön, wenn du einen Trainer hast, der Dinge probiert und versucht, offensiv zu agieren.“ (Max Eberl)
Da war Michael Olise, der mit Jamal Musiala hinter Kane herumwirbelte und gegen den Ball im defensiven Mittelfeld ranmusste. Und da waren Serge Gnabry und Mathys Tel, die Außenstürmer, die schon Außenstürmer sein durften, aber manchmal auch Außenverteidiger sein mussten.
Herauskam eine Art Zweieinhalb-Zweieinhalb-Vier-Eins-System. Und so chaotisch sich diese Anordnung liest, so chaotisch kam sie eigentlich auch daher. Die Bayern dominierten das Geschehen gegen einen schon mutigen, aber irgendwie auch zurückhaltenden SC Freiburg zwar zumeist, aber sie standen sich schon auch oft auf den Füßen. Kombinationsfluss oder wirklich nennenswerte Torraumszenen gab es nicht oft, und zur Pausenführung half eine bestenfalls ausbaufähige Handspielregel.
„Zwei Spiele, zwei Siege, da kannst du nur im Soll sein“, bilanzierte Max Eberl nach dem letztlich verdienten 2:0-Sieg, dem dritten Pflichtspielerfolg im dritten Pflichtspiel, und nahm Vincent Kompany sowie dessen innovativen Ansatz in Schutz: „Wir wollen immer das perfekte Spiel. Heute war es eine gute erste Halbzeit. Mit jedem Sieg machen wir einen Schritt weiter. Ich finde es schön, wenn du einen Trainer hast, der Dinge probiert und versucht, offensiv zu agieren.“ Und wenn dieser Trainer am Ende gewinnt, hat er ja irgendwo auch recht.
Innovativ statt „Overthinker“
Thomas Müller, der gefeierte Rekordspieler und Traumtorschütze, ergriff ebenfalls verteidigend das Wort für seinen Trainer, weil „wir natürlich gerade in der Offensive … das ist schon echt schwierig auszuwählen.“ Vielleicht schickte Kompany ja auch deshalb gleich fünf eher offensiv denkende Spieler ins Rennen und verzichtete auf einen defensiv denkenden Rechtsverteidiger. „Wenn das nicht gut ausgegangen wäre“, fuhr Müller fort, „hätte es mit Sicherheit ein paar Analysen gegeben: ‚Das gibt’s ja nicht! Ohne rechten Verteidiger gespielt! Fünf Offensive, sechs Offensive!‘ Der Trainer kann aufstellen, wen er will – wir Spieler müssen uns so oft wie möglich anbieten.“
Und das tat Müller ja auch vorbildlich, indem er schon wieder als Joker den sogenannten Impact brachte. Und Joshua Kimmich, der einen nicht unwesentlichen Teil der Vorsaison auf dieser gegen Freiburg vakanten Position hinten rechts verbracht hatte, meinte dann: „Wir haben nicht den fixen Rechtsverteidiger gebraucht. Defensiv war ich oft rechts, mit Ball aus der Mitte agierend.“
Und wie gesagt: Wer gewinnt, der hat halt recht. Aber wer den FC Bayern kennt, der weiß auch, dass es nur einen abgefälschten Freiburger Abschluss zum Ausgleich gebraucht hätte – dann wäre der innovative Kompany wohl eher als Guardiol’scher „Overthinker“ in die Länderspielpause gegangen.